Wappen der Stadt Gummersbach Wappen der Stadt Gummersbach
Quelle: Stadt Gummersbach
Das Amtsgericht Gummersbach besteht als solches seit dem 1. Oktober  1879, denn an diesem Tag trat das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) vom 27. Januar 1877 (RGBl. S. 41) in Kraft. Das GVG war eines von vielen Reichsjustizgesetzen, die in Folge der 1871 erfolgten Reichsgründung mit dem Ziel der Vereinheitlichung und Schaffung eines im ganzen Deutschen Reich gültigen einheitlichen Rechtswesens vom Reichstag verabschiedet wurden. Die wesentliche Bedeutung des Gerichtsverfassungsgesetzes liegt bis heute in der rechtlichen und organisatorischen Ausgestaltung (Verfassung) der sog. Ordentlichen Gerichtsbarkeit mit dem vertrauten Instanzenzug Amtsgericht (AG) – Landgericht (LG) – Oberlandesgericht (OLG) - Bundesgerichtshof (BGH). Insoweit gehört das Amtsgericht Gummersbach, neben den Amtsgerichten Köln, Wipperfürth, Wermelskirchen, Bergisch Gladbach, Leverkusen, Brühl und Kerpen, zum Bezirk des übergeordneten Landgerichts Köln. Der LG-Bezirk Köln wiederum bildet, zusammen mit den LG-Bezirken Aachen und Bonn, den Bezirk des Oberlandesgerichts Köln.

 

Heute gibt es innerhalb des Oberbergischen Kreises die Amtsgerichte Gummersbach, Waldbröl und Wipperfürth. Von diesen drei Gerichten ist Gummersbach das größte und in der Kreisstadt Gummersbach belegen. Gummersbach beherbergt aber nicht erst seit 1879 ein Gericht. Zuvor befand sich die für das Gebiet nördlich der Agger zuständige Gerichtsbarkeit abwechselnd in Lützinghausen (heute Außenort von Gummersbach), Gummersbach und Bergneustadt. Seit 1638 (Beginn der Herrschaft der Grafen von Schwarzenberg in Gimborn) ist Gummersbach jedenfalls ununterbrochen Gerichtsstadt.

 

In früheren Jahrhunderten übten die Landesherren zugleich auch die Richtergewalt aus und hatten zu dem Zweck Vogteigerichte eingesetzt. Exekutive und Judikative lagen in einer Hand – heute ein für uns schwer vorstellbarer Zustand. Ein solches Vogteigericht gab es in Gummersbach bis Ende 1811. Im damals französisch besetzten Gebiet wurde auf Grund der französischen Gesetzgebung (Code Napoleon) mit Wirkung ab 17. Dezember 1811 die bisherige Vogteigerichtsbarkeit durch das Friedensgericht abgelöst. Der letzte Gummersbacher Vogt Christian Friedrich Carl Pollmann wurde zugleich erster Friedensrichter. Wesentlich war insoweit, dass sich mit der Einführung der Friedensgerichte Grundprinzipien der Französischen Revolution unmittelbar auf das bis dahin gültige Gerichtswesen im Königreich Westfalen und andere Rheinbundstaaten auswirkten: Trennung von Justiz und Verwaltung, also von Judikative und Exekutive.

 

Vogtei von 1700 Vogtei von 1700
Quelle: Amtsgericht Gummersbach
Das erhaltene und heute an der Kaiserstraße in der Gummersbacher Innenstadt belegene alte Vogteigebäude wurde um 1700 als Vogteihaus der Herrschaft Gimborn-Neustadt erbaut. Das Gebäude war Sitz des Gummersbacher Vogteigerichts bis 1811 und des Friedensgerichts bis 1853. Danach war das Gericht zunächst mietweise im Haus von Karl Heuser (Franz Sohn) untergebracht. Nach der Reichsgründung 1871 verlangte die Regierung den Bau eines ordentlichen Gerichtsgebäudes, verbunden mit der Ankündigung, widrigenfalls der Gerichtssitz verlegt werde. Der so erzwungene Gerichtsneubau in der damaligen Alten Rathausstraße (heutige Schützenstraße) wurde 1874 bezogen, wobei sich im unteren Stockwerk das Gericht befand. Im mittleren Stockwerk wohnte anfangs der Friedensrichter und im oberen der Bürgermeister. Im Jahr 1897 zog das Amtsgericht in die Winterbecke (heute Innenstadtrand von Gummersbach), wo das bisherige Dienstgebäude der Reichspost frei geworden war.

Der nächste Umzug fand Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts statt, und zwar in den Neubau in der Moltkestraße 6, wo sich bis heute das Hauptgebäude des Amtsgerichts befindet. Das neu errichtete Gericht wurde um einen Gefängnis-Quertrakt in der Feldstraße ergänzt, so dass der Amtsgerichtsdirektor in Gummersbach ab 1955 in Personalunion zugleich Gefängnisdirektor war; ein Rechtspfleger bzw. Beamter des gehobenen Dienstes des Amtsgerichts war gleichsam zugleich Gefängnisinspektor. In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre bauten Gummersbacher Kaufleute unmittelbar gegenüber dem Amtsgericht in der Moltkestraße 9 einen für die damalige Zeit modernen Gebäudekomplex mit integriertem Parkhaus, das sog. „PuK-Haus“ (Parken und Kaufen). In Teile des Gebäudes zogen mietweise Amtsgericht und Kriminalpolizei ein. Nachdem die Polizei einige Jahre später vollständig in eigenen Neubauten untergebracht werden konnte,  übernahm die Justizverwaltung die freigewordenen Räumlichkeiten zusätzlich für Zwecke des Amtsgerichts, da die Raumsituation in der Moltkestraße 6 inzwischen immer beengter geworden war. Untergebracht wurden in der Nebenstelle zunächst die Zivilgerichtsbarkeit einschließlich Sitzungssäle, das Nachlass- und Vormundschaftsgericht. Auch die Verwaltungsabteilung mit Behörden- und Geschäftsleitung zog seinerzeit in die Anmietung um und befindet sich noch heute dort.

Amtsgericht Gummersbach Amtsgericht Gummersbach
Quelle: Amtsgericht Gummersbach

In den neunziger Jahren waren Pläne für einen Gerichtsneubau im Ortsteil Berstig (Nähe des heutigen Kreiskrankenhauses Gummersbach) so weit vorangeschritten, dass das Land bereits ein entsprechendes Grundstück erworben hatte. Diese Pläne wurden aber zugunsten des Umbaus des gesamten Gefängnistraktes zu Büroräumen des Amtsgerichts aufgegeben, denn der Gefängnisbetrieb war in Gummersbach bereits 1975 eingestellt worden. Gleichzeitig entschied sich die Justizverwaltung in Zusammenarbeit mit dem damals zuständigen Staatshochbauamt Köln, auch den sog.Altbau in der Moltkestraße 6 vollständig zu renovieren und zum Teil funktionell umzugestalten. Im Zuge dieser sehr umfangreichen Baumaßnahmen konnte der ehemalige Gefängnistrakt bereits 1996 fertiggestellt und vom Grundbuchamt belegt werden. Aus der ehemaligen Gefängnisküche  wurde ein Kantinenraum mit Küchenzeile für die Selbstversorgung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtsgerichts eingerichtet. Im Rahmen der sich anschließenden weiteren Baumaßnahmen wurden die bisher in den Anmietung PuK-Haus belegenen Sitzungssäle in das Haupthaus verlegt, in dem sich bis heute in zentraler Lage sämtliche Sitzungssäle des Amtsgerichts befinden. Einer der kleineren Sitzungssäle ist seit vielen Jahren justizintern an das Arbeitsgericht Siegburg zur Verfügung gestellt, das dort regelmäßig an vier Tagen in der Woche seinen Gerichtstag Gummersbach abhält.

 

Die Tage des Gerichts am Standort Moltkestraße sind indes gezählt. Am 8. Juni 2017 erfolgte die Grundsteinlegung für das neue Gerichtsgebäude in der Steinmüllerallee 1a. Der Umzug an den neuen Standort auf dem Steinmüllergelände ist Ende Februar 2019 erfolgt.